Vorsicht, Fehler: der Apostroph bei Eigennamen

Der Apostroph, ein eigentlich recht unscheinbares Auslassungszeichen, erhitzt immer wieder die Gemüter. Häufig geht es dabei um den von vielen heiß geliebten Genitiv-Apostroph in Namen: Marco’s Frittenbude, Anna’s Friseursalon, Thorsten’s Kneiple. Nach den geltenden Regeln ist diese Schreibweise nicht vorgesehen; unterschiedliche Auslegungen bieten dennoch Diskussionsstoff.

Die Ausnahmeregel im Duden

Wasser auf die Mühlen der Apostroph-Fans ist eine Ausnahmeregel des Dudens, die diese Schreibweise legitimiert:

[…] Man kann sich also für den Genitiv merken: entweder mit -s oder mit Apostroph, aber nicht mit beidem auf einmal.
Nun lässt sich einwenden: Aber Willi’s Würstchenbude und Andrea’s Blumenecke stehen doch sogar im Duden. Stimmt! Zur Verdeutlichung der Grundform ist diese Ausnahme von der Regel beim Genitiv möglich – aber nur bei Personennamen und nur, wenn’s denn unbedingt sein soll.

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Allein über die Formulierung „wenn’s denn unbedingt sein soll“ ließe sich stundenlang streiten. Gut zu wissen ist außerdem, dass der Duden nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Er bildet den Sprachgebrauch ab, listet Schreibweisen und spricht Empfehlungen aus – er ist aber nicht (mehr) verbindlich. Man kann und darf sich also auch gegen ihn entscheiden, manchmal sollte man das sogar. Ich komme am Ende des Beitrags noch einmal darauf zurück.

Das sagt das amtliche Regelwerk dazu

Grundlage der deutschen Rechtschreibung ist das amtliche Regelwerk, das der Rat für deutsche Rechtschreibung herausgibt. Nur dieses Regelwerk ist verbindlich – für offizielle Einrichtungen wie Schulen und Behörden; privat darf jeder schreiben, wie er möchte. Wer korrekt (und schön) schreiben möchte, kommt nicht darum herum, sich mit den Regeln auseinanderzusetzen.

Verlage wie der Dudenverlag oder Wahrig interpretieren ihre Auslegungen dieser Regeln. Bei Variantenschreibung (wenn mehrere Schreibweisen zulässig sind), hinterlegt der Duden seine Empfehlung gelb, das Regelwerk hingegen stellt die Varianten gleichberechtigt nebeneinander.

Das Regelwerk schreibt zum Gebrauch des Apostrophs bei Eigennamen in § 96:

Man setzt den Apostroph in drei Gruppen von Fällen.

Dies betrifft

(1) Eigennamen, deren Grundform (Nominativform) auf einen s-Laut (geschrieben: -s, -ss, -ß, -tz, -z, -x, -ce) endet, bekommen im Genitiv den Apostroph, wenn sie nicht einen Artikel, ein Possessivpronomen oder dergleichen bei sich haben:
Aristoteles’ Schriften, Carlos’ Schwester, Ines’ gute Ideen, Felix’ Vorschlag, Heinz’ Geburtstag, Alice’ neue Wohnung

E1: Aber ohne Apostroph: die Schriften des Aristoteles, die Schwester des Carlos, der Geburtstag unseres kleinen Heinz

E2: Der Apostroph steht auch, wenn -s, -z, -x usw. in der Grundform stumm sind: Cannes’ Filmfestspiele, Boulez’ bedeutender Beitrag, Giraudoux’ Werke

In all diesen Fällen muss der Apostroph bei Eigennamen gesetzt werden. Diese Regeln bildet auch der Duden so ab, nachzulesen im oben verlinkten Beitrag, den ich auszugsweise zitiert habe.

Ergänzend nennt das Regelwerk in § 97 Fälle, in denen der Apostroph gesetzt werden kann:

Man kann den Apostroph setzen, wenn Wörter gesprochener Sprache mit Auslassungen bei schriftlicher Wiedergabe undurchsichtig sind.

der Käpt’n, mit’m Fahrrad

Das betrifft unsere Beispiele nicht; interessant ist die Ergänzung:

E: Von dem Apostroph als Auslassungszeichen zu unterscheiden ist der gelegentliche Gebrauch dieses Zeichens zur Verdeutlichung der Grundform eines Personennamens vor der Genitivendung -s oder vor dem Adjektivsuffix -sch:
Carlo’s Taverne, Einstein’sche Relativitätstheorie

Hier haben wir ein Beispiel ähnlich den oben genannten – mit einem Unterschied: Im Fall von Carlo’s Taverne wird durch den Apostroph tatsächlich etwas verdeutlicht, und zwar, dass die Taverne Carlo und nicht Carlos gehört. Wäre Carlos der Besitzer, müsste es Carlos’ Taverne heißen, analog zu Carlos’ Schwester in den Beispielen aus § 96. Ob man darin einen Quell für Missverständnisse sehen und den Apostroph setzen will oder nicht: Das Regelwerk erwähnt diese Möglichkeit zur Verdeutlichung explizit.

Also doch alles okay mit der Ausnahmeregel im Duden?

Nicht ganz. Andrea’s Blumenecke hieße, gehörte sie Andreas, korrekt Andreas’ Blumenecke; das Beispiel entspricht Carlo’s Taverne. Entscheidet sich Andrea für die Schreibweise mit Apostroph, könnte sie sich also auf das amtliche Regelwerk berufen.

Anders sieht es bei Willi’s Würstchenbude aus. Hier gibt es nichts zu verdeutlichen, deshalb ist nur die Schreibweise Willis Würstchenbude korrekt.

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25 Kommentare zu „Vorsicht, Fehler: der Apostroph bei Eigennamen“

  1. Hallo,

    wie wäre es wenn der Nachname eines Mannes „Ross“ oder „Rossmann“ wäre, als Spitzname immer „Rossi“ genannt wird und nun sich nun überlegt „Rossi´s Backstube“ zu eröffnen. Sollte man es mit oder ohne Schreiben, ich finde mit kommt es besser rüber.

    Vielen Dank vorab

  2. Hallo,

    vielen Dank für den interessanten Artikel. Wie ist es beim englischen Namen Rose?

    a) Roses Bruder
    oder
    b) Rose’ Bruder?
    Hier kommt mir Variante a) irgendwie komisch vor.

    Danke für eine Rückmeldung
    Karen

    1. Miriam Muschkowski

      Hallo Karen, eine interessante Frage. Ich würde Rose in die Kategorie »endet auf einen s-Laut« einordnen, auch wenn die Schreibweise nicht zu den dort aufgelisteten gehört.

      Im Leo-Forum wurde mal etwas Ähnliches diskutiert, dort ging es um die Frage, wie der Genitiv bei »Matisse« zu handhaben sei. Auch -sse findet sich nicht in der Liste; eine Anfrage an den Rechtschreibrat ergab: Hier sei wie bei -ce der Apostroph zu setzen. Nachlesen können Sie das hier.

  3. Ein Asterix-Band heißt DIE LORBEEREN DES CÄSAR.
    Ein Spiel heißt DIE PERLEN DES POSEIDON.
    Könnte man sagen/schreiben: DIE WERKE DES PICASSO?
    Ist es also korrekt, Eigennamen im Genitiv ohne „s“ zu verwenden?

      1. Hi. It’s »Ich bin Lena«. »Ich bin die Lena« is common in everyday language in Southern Germany though.

  4. Hallo Frau Muschkowski,
    § 96 habe ich verstanden.
    Wie wird es jedoch gehandhabt, wenn die Endung des Namens kein s, sondern ein i ist ?
    Felis‘ oder Felis (Sachen, Abenteuer etc.) ?
    Herzlichen Dank für Ihre Rückmeldung, Martha

  5. Guten Tag, wann schreibt man einen Vornamen Clauss mit Doppel s ?
    Ich habe mal gelernt, dass man z.B. nicht sagt: Das ist Claus seine Hose… stattdessen, das ist Clauss Hose. Warum das so ist, weiß ich nicht mehr ‍♀️ Über eine Erklärung würde ich mich freuen
    Danke! LG Anna

    1. Miriam Muschkowski

      Hallo Anna, für »Claus« gilt die obige Regel in § 96: »Eigennamen, deren Grundform (Nominativform) auf einen s-Laut (geschrieben: -s, -ss, -ß, -tz, -z, -x, -ce) endet, bekommen im Genitiv den Apostroph, wenn sie nicht einen Artikel, ein Possessivpronomen oder dergleichen bei sich haben: Aristoteles’ Schriften, Carlos’ Schwester, Ines’ gute Ideen, Felix’ Vorschlag, Heinz’ Geburtstag, Alice’ neue Wohnung.« Es heißt also: Das ist Claus’ Hose.

  6. Hallo Miriam! Für mich ist doch alles klar und korrekt im Duden. Es gibt die Name Andrea und es gibt auch Andreas. Genau wie Carlo und Carlos, Willi und Willis. Ja, Andrea und Willis sind nicht deutsche Namen aber Carlo ist auch nicht. :)
    Freundliche Grüße,
    Adriana (Italien)

    1. Miriam Muschkowski

      Hallo Adriana,
      in einem deutschen Text spielt es allerdings keine Rolle, woher ein Name stammt: Es gelten die Regeln der deutschen Grammatik. ;-)

  7. Wollen Sie mir bitte die Endung bei dem Eigennamen wie im Beispiel erklaeren ?
    „Es war Florio’n recht sonderbar zumute“ aus Marmorbild, Eichendorff.

    1. Miriam Muschkowski

      Hallo Marianna,
      anders als in den anderen Beispielen ist das kein Genitiv, sondern ein Dativ. Der Apostroph kennzeichnet wohl das ausgelassene e, das damals zum Dativmarker (hier: -en) gehörte, der später abgebaut wurde (Deflexion).

  8. Bei einem Spaziergang habe ich neulich am Zaun lesen können: „Hier wohnen Lehmann’s“. Meines Erachtens ist der Apostroph dort unnötig. Ich nehme an, die Familie hat sich da vom Englischen anstecken lassen.

  9. Bettina Lauterborn

    Wenn es sich bei einem Eigennamen quasi um einen kreierten Oberbegriff handelt, kann dann ein s plus Apostroph angehängt werden? Beispiel: Borns‘ als Oberbegriff für Borns‘ Cafe, Pension, Biergarten… mir gefällt die Schreibweise mit s und Apostroph einfach gut – wäre aber nicht glücklich, wenn es absolut falsch wäre. (Außer ich behaupte, der Eigenname wäre Borns und nicht Born).

    1. Miriam Muschkowski

      Hallo Bettina, wenn der Name »Born« lautet, ist der Apostroph falsch. Für die Frage Apostroph ja oder nein spielt es keine Rolle, ob der Name echt oder ausgedacht ist; Fantasienamen setzen die Regeln nicht außer Kraft.

  10. Ich war sehr erfreut, diese Seite gefunden zu haben, allerdings konnte ich keine Antwort auf meine konkrete Frage finden: wird das Apostroph auch im Falle eines abgekürzten Namens gesetzt? In meinem Fall geht es um Katha’s oder Kathas Tisch, wobei es sich eigentlich um eine Katharina handelt.
    Ich wäre sehr dankbar für einen Hinweis,
    Herzliche Grüße,
    D. Wagner

    1. Miriam Muschkowski

      Hallo Dorothea, das freut mich. Ob es sich um den vollständigen Namen oder ob um eine Abkürzung handelt, spielt keine Rolle. Sie setzen hier keinen Apostroph, schreiben also »Kathas Tisch«.

  11. Gerade bei Willis Würstchenbude habe ich bedenkenswerte Einwände. Wenn jemand die Gefahr sieht, dass die Würstchenbude mit dem ja durchaus bekannten Schauspieler Bruce Willis in Verbindung gebracht wird, kommt er auch hier um den Apostroph nicht herum. Die Entscheidung für oder gegen den Apostrophen hängt insofern vom Kontext und Publikum ab, in dem bzw. für das er verwendet wird.

    1. Miriam Muschkowski

      Danke für Ihren Beitrag.

      Lassen Sie uns das gerne einmal durchdenken. Wie wahrscheinlich ist es denn, dass jemand auf die Idee kommt, die Bude könnte nicht irgendeinem deutschen Willi, sondern dem Schauspieler Bruce Willis gehören? Willi ist hierzulande ein absolut geläufiger Vorname, weshalb niemand annehmen würde, dass gänzlich unbemerkt plötzlich eine Hollywoodgröße eine Würstchenbude in der eigenen Nachbarschaft aufgemacht hat. Nehmen wir dennoch einmal an, Bruce Willis wäre auf diese Idee gekommen, so müsste es korrekt »Willis’ Würstchenbude« heißen. Sehr viel wahrscheinlicher wäre allerdings, dass sich der Schauspieler, würde er in Deutschland eröffnen, für »Bruce Willis’ Würstchenbude« entscheiden würde, um den Marketingeffekt zu nutzen (oder er würde die Würstchen direkt unter dem Namen seines Alter Ego John McClane verkaufen). So oder so bestünde keine Verwechslungsgefahr (welche Folgen befürchten Sie hier eigentlich?), weil sich solche Pläne in Windeseile herumsprechen würden. Fazit: Kein Apostroph für Willis Würstchenbude.

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