Heißt es tolerant oder tollerant? Gebären oder Gebähren? Und wer hat sich eigentlich das Wort Karussell ausgedacht? Das kann man doch nur falsch schreiben?!
Beim Schreiben lauern nicht wenige Stolperfallen und so manche falsche Schreibweise hält sich unglaublich hartnäckig. Dieses Jahr habe ich 24 rechtschreiblich schwierige Wörter gesammelt und in einen Adventskalender der besonderen Art gepackt: Auf meinem LinkedIn-Profil öffnete sich täglich ein Türchen mit einem typischen Schreibfehler. Hier gibt’s alle Fehlerteufel in der Übersicht.
Türchen 1: Reflexion
Einzig richtig ist die Schreibung mit x, egal ob es um eine Spiegelung geht oder darum, sich tiefgehende Gedanken zu machen. Die Schreibweise Reflektion ist falsch. Der Grund: »Reflexion« kommt von französisch réflexion, was auf lateinisch reflexio (das Zurückbeugen) zurückgeht.
Türchen 2: Brillant
Dieser Fehler kommt nicht nur bei der Bezeichnung von Diamanten, sondern – wahrscheinlich sogar noch häufiger – auch beim Adjektiv mit der Bedeutung glänzend, hervorragend, sehr gut vor: Auch das schreibt sich »brillant« und nicht etwa »brilliant«. Der Ursprung liegt auch hier im Französischen: brillant. Anders im Englischen: Hier heißt es tatsächlich brilliant.
Türchen 3: Fliesen
Die Platten, aus denen viele Boden- und Wandbeläge bestehen, schreiben sich Fliesen, nicht Fließen. Wenn Sie sich fragen, wie man das falsch schreiben kann, leben Sie vermutlich nicht unter Schwaben, die kein stimmhaftes s kennen und die Schreibweise deshalb nicht von ihrer Aussprache ableiten können. Danke an Boris, der sich die Zeit genommen hat, dieses Phänomen ausführlich zu erklären.
Türchen 4: Galionsfigur
Wenn Sie hier ein zweites l setzen wollen, liegen Sie falsch. Warum das so ist, erklärt der Duden folgendermaßen: »Die Bezeichnung Galionsfigur kam im 16. Jahrhundert in der norddeutschen Seemannssprache auf. Der erste Bestandteil ist über mittelniederländisch galjoen aus französisch galion entlehnt, das auf spanisch galeón („großes Segelschiff, Galeone“) zurückgeht. Wie in den Herkunftssprachen schreibt sich die Galionsfigur mit nur einem l.«
Türchen 5: gebären
Nein, da kommt kein h hin, auch wenn es so klingt: »Gebähren« ist falsch. Der Ursprung von »gebären« liegt in mittelhochdeutsch gebern, althochdeutsch giberan = (hervor)bringen, erzeugen, gebären, zu mittelhochdeutsch bern, althochdeutsch beran = tragen; bringen; hervorbringen; gebären.
Türchen 6: Verlies
Dieses Wort entwickelte sich aus dem Niederdeutschen: zu verlieren, eigentlich: Raum, der sich verliert oder in dem sich jemand verlieren kann. Richtig ist nur die Schreibweise mit s, auch wenn man öfter das »Verließ« sieht.
Türchen 7: Karussell
Dieses Wort bereitet vielen Leuten Kopfzerbrechen, weshalb das Internet voll von Karusells und Karussels ist. Korrekt ist aber wirklich nur Karussell. Im Französischen gibt es das carrousel, im Italienischen das carosello – und vermutlich hat auch dort mancher Schwierigkeiten damit.
Türchen 8: grölen
Auch hier führt die Aussprache aufs Glatteis: Der Vokal ist eindeutig lang, dennoch wäre »gröhlen« falsch. Der Grund: Das Wort kommt von mittelniederdeutsch grālen, was laut sein, lärmen bedeutete. Die lärmenden Turnierfeste, die im späteren Mittelalter in niederdeutschen Städten stattfanden, hießen Gral. Der Sprung zu »grell« liegt nahe, und siehe da: Dessen Herkunft liegt im mittelhochdeutschen grel (zornig, laut), zu grelen (laut schreiend, lautmalend). Schließlich und endlich kommt auch noch der Heilige Gral ins Spiel, der sich natürlich ebenfalls ohne h schreibt.
Türchen 9: kolossal
Der Koloss von Rhodos steht nicht mehr und auch das Adjektiv kolossal gehört nicht gerade zu den ständig gebrauchten Wörtern in deutschen Texten. Vielleicht wird es ja gerade deshalb oft falsch geschrieben. Zu verdanken haben wir es dem lateinischen colossus, weshalb »kollossal« zwar richtig klingt, aber falsch ist.
Türchen 10: Misere
Die Misere ist eine unglückliche Situation oder Notlage, sprachlich abgeleitet von französisch misère, lateinisch miseria = Elend. Weit und breit kein ie in Sicht, deshalb schreiben wir bitte nicht »Miesere«, sondern nur »Misere«.
Türchen 11: morgendlich
Haben Sie schon mal was von der sogenannten Auslautverhärtung gehört? Sie ist schuld daran, wenn Sie statt »morgendlich« fälschlicherweise »morgentlich« schreiben.
Türchen 12: Obolus
Ein ganz fieses Wort, das auch Profischreiber ins Schwimmen bringt. Der Ausdruck Obolus bezeichnet einen kleinen Geldbetrag; Sie kennen ihn eventuell aus der Wendung »einen Obolus entrichten«. Der Ursprung liegt in dem griechischen Münznamen obolós, der über das lateinische obolus ins Deutsche gelangte. »Obulus« ist also falsch.
Türchen 13: Original
Hier wird gerne mal das zweite i verschluckt, was dann »Orginal« ergibt – leider falsch.
Türchen 14: Reling
Beim Schiffsgeländer sind viele Schreiber großzügig mit dem e und schreiben »Reeling«. Das ist leider ganz verkehrt: Die Reling stammt von niederdeutsch regeling ab, der mittelniederdeutsche regel bezeichnete ein Riegel oder Querholz. Im Englischen heißt die Reling übrigens rail; »reeling« bedeutet dort taumelig oder torkelig, was wiederum sehr passend ist, wenn man seekrank wird.
Türchen 15: skurril
Dieser Fehlerteufel ist abgeleitet vom lateinischen Wort scurrilis. Der Scurra war ein Witzbold oder Spaßmacher. Die Schreibweisen »skuril« und »skurill« sind falsch.
Türchen 16: Seriosität
Die Seriösität geistert immer wieder durch Texte – aber wieso schreibt sie sich eigentlich ohne ö, schließlich heißt es doch auch »seriös«? Ganz einfach: Das Substantiv leitet sich gar nicht vom Adjektiv ab. »Seriosität« wurzelt im mittellateinischen Wort seriositas, »seriös« hingehen kommt von französisch sérieux < mittellateinisch seriosus, zu lateinisch serius = ernsthaft, ernstlich.
Türchen 17: spülen
Das Verb spülen schreibt sich ohne h. Im Duden lesen wir dazu: mittelhochdeutsch spüelen, althochdeutsch in: irspuolen, Herkunft ungeklärt. Entsprechend sind auch alle Wortbildungen aus dieser Familie nur ohne h nach dem ü richtig: »Spülmaschine« zum Beispiel. Das wissen erstaunlich viele Leute nicht.
Bei der Spülmaschine lauert übrigens gleich noch eine zweite Falle: Korrekt ist nur »Spülmaschine«, nicht etwa »Spülmaschiene« – auch das liest man sehr oft. Wo wir schon dabei sind: Maschine kommt von französisch machine < lateinisch machina = (Kriegs-, Belagerungs)maschine < griechisch (dorisch) māchanā́ für: mēchanḗ, mechanisch.
Türchen 18: Gelatine
Das Internet ist voll von Rezepten, für die Gelantine gebraucht wird. Das gibt’s allerdings überhaupt nicht: Das Geliermittel schreibt sich »Gelatine«. Beschert hat’s uns mal wieder das Lateinische. Die neulateinische gelatina entstand aus latenisch gelatus, was gefroren oder erstarrt bedeutet.
Türchen 19: voraussichtlich
Wie alle Wortbildungen mit »voraus« schreibt sich auch »voraussichtlich« mit nur einem r, »vorraussichtlich« ist falsch.
Türchen 20: sympathisch
Hier hilft die Aussprache weiter: »Symphatisch« kann nicht stimmen. Warum es trotzdem falsch geschrieben wird? Vielleicht funkt ja irgendwie die Symphonie dazwischen?
Türchen 21: tolerant
Das l rollt so intensiv über die Zunge, dass es manchen Leuten auch gleich doppelt aus der Tastatur hüpft. »Tollerant« ist und bleibt aber falsch. Vergleichen Sie dazu französisch tolérant und lateinisch tolerans (duldend, ausdauernd).
Türchen 22: unentgeltlich
Mit Geld hat’s inhaltlich zwar schon was zu tun, weshalb es nur verständlich ist, wenn Sie hier »unentgeldlich« schreiben wollten. Sprachlich leitet sich »unentgeltlich« allerdings nicht von Geld ab, sondern von entgelten.
Türchen 23: verpönt
Das Verb verpönen (missbilligen, ablehnen, verachten) nutzen wir heute nicht mehr, das 2. Partizip »verpönt« ist erhalten geblieben. Sprachgeschichtlich kommt es von mittelhochdeutsch verpenen, was »bei Strafe verbieten« bedeutet und seinerseits auf lateinisch poena = Pein zurückgeht. Sie sehen schon: Ein h ist hier nicht vorgesehen, weshalb »verpöhnen« das Werk des Fehlerteufels ist.
Türchen 24: Silvester
Der letzte Tag des Jahres ist nach Papst Silvester I. benannt – darüber habe ich schon mal geschrieben. Wer »Sylvester« schreibt, denkt an den falschen Mann (oder ganz was anderes).
Puh, ganz schön viele Fehlerteufel! Wenn Sie bis hierher gekommen sind, haben Sie vielleicht auch noch Lust auf ein paar richtig witzige Schreibfehler.