DAS KANN DOCH KEIN MENSCH LESEN! Warum Großbuchstaben nicht Ihr Freund sind (und was Tee damit zu tun hat)

Ganze Wörter und Sätze in Großbuchstaben zu schreiben ist sehr beliebt – in Überschriften wird das zum Beispiel gerne gemacht. Und dort wäre es auch noch nicht tragisch (solange die Überschrift nicht allzu lang wird). Kommt allerdings ein kompletter Text so daher, wird’s fragwürdig.

Warum Großbuchstaben ein Problem sind

Im Grunde ist es ganz simpel: Verfassen wir einen Text komplett in Großbuchstaben, fehlen die Ober- und Unterlängen der kleinen Buchstaben. Das klingt erst mal harmlos, aber: Ohne diese Ober- und Unterlängen können wir ein Wort nicht mehr anhand seiner vertrauten Silhouette erkennen – sieht ja alles gleich aus.

Im Fließtext wird diese Schreibweise deshalb schnell zur Zumutung: Das Lesen ist mühsamer und dauert länger. Das macht keinen Spaß – und lenkt noch dazu vom Inhalt ab.

Probieren Sie’s doch gleich mal aus:

Das Bild zeigt die Beschriftung einer Teeschachtel in Großbuchstaben (Versalien)
Überall nur Großbuchstaben! Wenn das mal nicht anstrengend fürs Auge ist – und Sie sollten erst mal die Beutel sehen …

Und? Wie haben Sie das Lesen empfunden?

Das Bild zeigt eine der Teeschachteln aus meiner Küchenschublade, von oben bis unten in Großbuchstaben beschriftet. Puh.

Ja, die Schrift ist hübsch, aber man sieht erst mal nur lauter gleichförmige Zeilen – der Blick bleibt nirgendwo hängen, das Auge hat keine Orientierung. Ich finde das alles andere als leserfreundlich und hab mich im Laden nur durchgekämpft, weil Himbeere draufsteht.

Wen interessiert schon die Beschriftung einer Teeschachtel?!

Jetzt könnten Sie sagen: Ach, pfff, das ist ja nur ne Teeschachtel. Und ich gebe Ihnen recht: Wie viel Bedeutung man dem beimisst, darüber lässt sich sicher streiten.

Ich finde, auch ein Himbeertee hat typografische Liebe verdient.

Und beim Tee hört es ja nicht auf. Auf LinkedIn zum Beispiel betextet so mancher seine Slideshows rein mit Großbuchstaben und ich muss dann leider sagen: Nein, danke. Auch wenn mich der Inhalt interessieren würde, die Großbuchstabensuppe schreckt mich ab. (Und bisher stand auch nirgends Himbeere drauf.)

Deshalb: Wenn Sie Ihre Zielgruppe nicht abschrecken, sondern anziehen wollen, verzichten Sie besser darauf, alles in Großbuchstaben zu schreiben.

Wer kleinschreibt, der bleibt … leichter fehlerfrei

Für die Entscheidung gegen Großbuchstaben spricht übrigens noch ein weiteres starkes Argument: die Korrektheit. Tatsache ist nämlich, dass bei Wörtern in Großbuchstaben Tippfehler leicht untergehen. Inzwischen kann ich gar nicht mehr zählen, wie oft mir das schon aufgefallen ist. Mit der regulären Schreibweise umgehen Sie diesen Stolperstein von Anfang an.

Für die Nerds: die Fachbegriffe

Die Typografie hat natürlich ihre eigenen Bezeichnungen für die Großbuchstaben: Fachsprachlich werden sie Versalien oder Majuskeln genannt. Eine Schriftart, die ausschließlich aus Großbuchstaben besteht, heißt entsprechend Majuskelschrift oder Versalschrift. Die Kleinbuchstaben hingegen heißen Minuskeln.

Sie interessieren sich für Typografie? Lesen Sie hier weiter:

Pünktchen, Pünktchen, Pünktchen

Gestatten: der Bindestrich

DiE KUnST DeR TeXtGesTALtuNg

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