Vielleicht haben Sie sich diese Frage auch schon gestellt. Ich lese sie häufig in Fachgruppen, Foren und Blogs. Vor allem Autoren, die ihre Bücher selbst verlegen (möchten), sind oft unsicher, wenn es um das Lektorat geht.
Vergangenen Sommer fragte eine Selfpublisherin in einer Facebookgruppe:
Hallo zusammen! ;) Wie kann man einen kompetenten, guten Lektor von einem schlechten unterscheiden? Ist es eine dumme Frage? ;)
Zunächst: Die Frage ist ganz und gar nicht dumm. Ein Lektorat kostet Geld, je nach Art und Umfang des Textes recht viel Geld, und niemand möchte eine hohe Summe für eine schlechte Leistung bezahlen (eine niedrige natürlich auch nicht, aber das schmerzt nicht ganz so sehr).
Genau das kann aber durchaus passieren, wenn man an den Falschen oder die Falsche gerät. Den Ausbildungsberuf Lektor gibt es nicht, folglich kann sich jeder so nennen, der sich als Lektor versuchen möchte – auch wenn er die Voraussetzungen für den Job nicht erfüllt.
Der Lektor: ein Germanist?
Viele sehen das Germanistikstudium als zuverlässige oder gar beste Referenz für einen Lektor. Das ist aber zu kurz gedacht. Nicht jeder Germanist kann lektorieren, und nicht jeder gute Lektor ist Germanist. Natürlich ist es nicht verkehrt, wenn ein Lektor Germanistik, Linguistik oder ein ähnliches Studium abgeschlossen hat, aber es ist weder eine Voraussetzung noch eine Garantie für gute Arbeit.
Welcher Lektor der richtige für Sie ist, hängt oft wesentlich davon ab, welche Art von Text Sie schreiben. Ein Fantasyroman erfordert eine andere Bearbeitung als die leichte Urlaubsgeschichte, und wenn Sie sich mit sehr speziellen Fachthemen beschäftigen, ist ein Lektor mit fundierten Kenntnissen in diesem Bereich die beste Wahl. Der Germanist ist für einen Artikel über Geophysik kaum der Richtige. An der Website des Lektors erkennen Sie meist schon ganz gut, ob er breit aufgestellt oder spezialisiert ist (und wie er sich generell präsentiert, denn das sagt auch viel aus).
Wie aber finden Sie nun heraus, was ein Lektor kann – und ob er überhaupt was kann?
Kommen wir noch einmal zu der Frage der Selfpublisherin zurück. Das war meine Antwort:
Das ist ganz und gar keine dumme Frage, allerdings ist sie nicht so einfach zu beantworten – schon allein deshalb, weil das von vielen Faktoren abhängt. Ganz klar: Der Lektor sollte ein ausgeprägtes Sprachgefühl haben, Grammatik und Rechtschreibung beherrschen und sich in den Leser/die Zielgruppe einfühlen können. Ob jemand was kann, kannst du meist schon einschätzen, wenn du dir die Website oder das Blog des Lektors ansieht. Stolperst du hier zum Beispiel in jeder Zeile über einen Fehler, ist das keine Empfehlung.
Du kannst natürlich auch nach Referenzen fragen oder ein Probelektorat anfordern. Eine wichtige Rolle spielen neben der fachlichen Kompetenz auch Termintreue, Zuverlässigkeit, Aufgeschlossenheit und eine freundliche Art. Die Sympathie muss auf beiden Seiten stimmen – auch wenn man sich nicht persönlich kennt, denn die Arbeit an einem Manuskript erfordert Fingerspitzengefühl. Ein Lektor sollte den Verfasser und sein Werk achten und nicht stur seinen eigenen Stil durchprügeln wollen.
Ganz wichtig: Nicht jeder Lektor passt zu jedem Autor. Das bedeutet nicht, dass der Lektor schlecht ist oder der Autor nicht schreiben kann (auch wenn beides manchmal behauptet wird). Scheuen Sie sich also nicht, im Zweifel einfach mal zum Hörer zu greifen und den Lektor oder die Lektorin anzurufen. Jeder seriöse Dienstleister wird sich über Ihr Interesse freuen und gerne Ihre Fragen beantworten.
Erst gestern rief mich ein potenzieller Kunde an, der auf der Suche nach einer neuen Lektorin war. Wir unterhielten uns über seine Bedürfnisse und am Schluss bekam ich noch ein nettes Kompliment: „Ihre Seite hat mich inspiriert.“
Wir Lektoren sind nämlich auch nur Menschen und nicht nur an Ihrem Text interessiert – wir freuen uns über den Kontakt mit Ihnen.
(Wenn Sie zu schüchtern sind oder lieber schriftlich kommunizieren, dürfen Sie natürlich auch gerne eine E-Mail schreiben.)
Welche Erfahrung haben Sie mit Lektoren gemacht? Was wünschen Sie sich von einem Lektor, einer Lektorin?
Wenn Sie zu Hause schreiben, könnten auch meine Tipps für produktives Arbeiten interessant für Sie sein.
Wir sind zwei Brüder , schreiben aus Leidenschaft Drehbücher…in englischer Sprache , und sind seit einiger Zeit…auf der Suche nach einem Lektor , der Uns “ auf Verteidigung “ bei dem Verkauf…helfen kann , warten auf ihre Antwort!!! Hochachtungsvoll Francesco & Mario Bonfiglio
Hallo Herr Bonfiglio,
danke für Ihren Kommentar und Ihre Anfrage. Leider bin ich nicht die richtige Ansprechpartnerin für Ihr Projekt; Drehbücher sind nicht mein Gebiet und ich biete auch keine Vermittlungsleistungen an. Mit Ihrem Werk wenden Sie sich am besten an Produktionsfirmen, Sender und Drehbuchagenturen.
Viele Grüße
Miriam Muschkowski
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Ja, auch diesen Text kann ich genauso unterschreiben. :-)
Und schön, dass du auch schreibst, dass zwischen Lektor und Autor die Chemie einfach stimmen muss.
Leider habe ich auch schon unschöne Erfahrungen mit einer Kundin gehabt. Die Zusammenarbeit lief richtig gut bis zu dem Moment, wo sie einen Verlag gefunden hatte. Seit diesem Zeitpunkt war es aus mit dem gemeinsamen Arbeiten. Korrekturen von rechtschreibung, Grammatik und Stil (wo es die Monate zuvor nie Probleme gab), wurden mir plötzlich so ausgelegt, als wolle ich der Autorin meine Schreibe aufdrücken. Hinweise auf missverständliche Passagen und Logiklücken wurden mir als mangelnde Auseinandersetzung mit dem Text ausgelegt. Bei dem Versuch dies zu klären, habe ich gemerkt, dass sie immer das letzte Wort haben wollte und gar nicht verstand, wo das Problem lag. Leider mussten wir die Zusammenarbeit beenden.
Ich hätte mir gewünscht, dass die Autorin früher mit mir über diese Probleme oder Eindrücke gesprochen hätte. Bis zu der Eskalation wusste ich gar nicht, dass der Konflik bestand.
Mein Tipp an alle, die einen Lektor suchen: Arbeitet mit ihm zusammen, seit aktiv und stellt Fragen zu seinen Korrekturen. Und ganz wichtig: Nicht jede Kritik an eurer Schreibe ist böse gemeint.
LG
Jana
Vielen Dank für deinen Kommentar.
Du hast recht: Es ist sehr wichtig, Probleme sofort anzusprechen bzw. zu sagen, dass man unzufrieden ist – für beide Seiten. Leider scheint es gerade im Selfpublishing noch viele Missverständnisse zu geben, was ein Lektor eigentlich macht (oder gerade nicht macht) und wie gute Lektoratsarbeit aussieht. Das ist zumindest mein Eindruck, wenn ich die Diskussionen in den einschlägigen Facebookgruppen verfolge. Schade, dass eure Zusammenarbeit so zu Ende ging.