Ein verrostetes blaues Autowrack liegt im Wüstensand

Im Overland Truck durch Afrika

Reisebericht 

Als mein Freund mich fragt, ob ich mit ihm eine Campingtour durch Afrika machen will, denke ich erst mal an Spinnen. Ich hasse Spinnen. Mir sind schon die Exemplare hier im Ländle zu viel, und in Afrika gibt es bestimmt tellergroße Springspinnen, die nur darauf warten, arglose Touristen anzufallen. So weit meine Horrorvorstellung. Mein schlimmstes Erlebnis in Afrika hat mit Spinnen dann allerdings überhaupt nichts zu tun und mit dem Kontinent an sich genauso wenig, aber dazu kommen wir noch. Und weil das Abenteuer lockt, will ich am Ende natürlich mit.

Köcherbaum vor blauem Himmel

5627 Kilometer durch vier Länder

Es ist für uns beide die erste Afrikareise und wir haben keine genaue Vorstellung davon, was uns erwartet. Der Trip beginnt in Kapstadt, von dem wir nicht viel zu sehen bekommen, weil wir nach dem durchwachten Flug mit Hindernissen (danke, Condor) den gesamten Nachmittag verschlafen. Vor dem Büro des Reiseveranstalters lernen wir dann Lennon kennen. Lennon ist unser Truck, ein riesiges Ding mit Stoßfänger und Platz für fast dreißig Leute plus Gepäck, Bordküche und Campingausrüstung. Die erste Regel, die wir von unseren beiden Guides Victor und Z lernen: Man nennt den Truck niemals Bus!

Die Reisegruppe ist erfreulich bunt gemischt. Die Jüngste ist 18, der Älteste 64, und es sind zahlreiche Nationalitäten vertreten. Unsere Mitfahrer kommen aus Deutschland, Frankreich, Portugal, Brasilien, England, Südkorea, Belgien, den Niederlanden und der Schweiz. Schon nach den ersten Kilometern zeigt sich in den Gesprächen, dass viele das Gleiche denken: Afrika ist anders und viel mehr als das Bild, das einem gemeinhin vermittelt wird.

Aussicht aus dem Truck auf die Landstraße und die namibische Landschaft

Mehr als nur Urlaub

Mit jedem Tag nimmt uns Afrika ein bisschen mehr gefangen. Die Natur und die Tierwelt begeistern natürlich alle, aber es ist mehr als das. Ein San erzählt uns vom Leben der Nomadenvölker und fügt damit ganz neue Facetten hinzu, und im Verlauf der Tour bekommen wir sehr verschiedene Eindrücke davon, wie das Leben im südlichen Afrika aussieht. Von den Weinbaugebieten Südafrikas über die Namibwüste ins merkwürdig deutsche Swakopmund, von der Spitzkoppe weiter zur Hauptstadt Windhoek und in den Etosha-Nationalpark, nach Botswana ins Okavangodelta und schließlich zu den Victoria Falls in Simbabwe – überall sieht es anders aus, und während aus unseren erst so fremden Mitreisenden für kurze Zeit Freunde werden, wird außerdem klar, dass so ein Trip mehr ist als einfach nur Urlaub.

Blick auf die Spitzkoppe

Wovon aber erzählt man nach drei Wochen Afrikareise? Vom sternenübersäten Nachthimmel und der samtigen Stille? Von der Zebraherde am Wasserloch direkt im Camp? Vom zweitgrößten Canyon der Welt? Von den Menschen, denen man begegnet ist? Von den wunderschönen Wildtieren in Etosha? Was ist mit den Bootstouren im Delta und den Flamingos in Walvis Bay? Und was ist eigentlich mit den weniger schönen Erlebnissen – zum Beispiel der Besuch eines angeblich authentischen Stammesdorfs, das wir als bloße Zurschaustellung empfanden?

Südafrika: Yoga mit Aussicht

Mit das Schönste am Reisen sind für mich die besonderen kleinen Momente. Oft sind es eigentlich alltägliche Dinge, die wir auch zu Hause tun, die in der Fremde aber einen ganz eigenen Zauber entfalten. Dazu gehören dieses Mal unsere gemeinsamen Yogaübungen am Orange River (Oranje) an der Grenze zwischen Südafrika und Namibia. Unser Zeltplatz befindet sich auf der Wiese direkt über dem Fluss. Niemand hat eine Yogamatte dabei, aber die Schlafmatten sind fast genauso gut. Die Yogaerfahrenste unter uns gibt die Stellungen vor und dann üben wir mit Blick aufs Wasser und die Berge dahinter.

Fünf Frauen beim Yoga mit Blick auf den Orange River in Südafrika

Namibia: 300 Meter hohe Dünen und eine tote Pfanne – willkommen in Sossusvlei

Sossusvlei, Deadvlei und Dune/Düne 45 sind Begriffe, die jedem Namibiareisenden früher oder später begegnen. Zum Glück, denn hinter den Bezeichnungen verbergen sich echte Naturschönheiten in der Namibwüste. Sossusvlei ist eine Salz-Ton-Pfanne, ein knochentrockenes Gebiet, in dem nur alle paar Jahre so viel Regen fällt, dass sich dort ein See bildet. Darum herum erheben sich die höchsten Dünen der Welt. In unserem Truck rumpeln wir im Morgengrauen zum Parkplatz vor der Düne 45 und machen uns an den Aufstieg. Und der ist jeden mühsamen Schritt wert: Als wir auf dem Dünenkamm im tieforangen Sand sitzen, schickt die aufgehende Sonne farbenprächtige Strahlen hinter den gegenüberliegenden Dünen hervor.

Sonnenaufgang in der namibischen Wüste

Wie kommt man von einer Düne am schnellsten – und am spaßigsten – wieder runter? Natürlich barfuß und im Galopp den Hang entlang! Wer den puren Horror erleben will, besucht noch das Plumpsklo an der Einfahrt zum Parkplatz … Der Ekelfaktor kann mit jeder Spinne mithalten.
Den Stopp danach kennen Filmgucker aus The Fall oder The Cell. Im Deadvlei, das komplett vom Wasser abgeschlossen ist, strecken abgestorbene Bäume ihre knorrigen schwarzen Äste in den Himmel. Eine bizarr schöne Szenerie. Es ist glühend heiß und alles wirkt wie aus einer anderen Welt. Diese Atmosphäre kann kein Foto einfangen.

Im Deadvlei reckt eine Reihe abgestorbener schwarzer Bäume ihre Äste in den blauen Himmel

Namibia: Eine Begegnung im Dunkeln

Auf einer Campingtour in Afrika erlebt man selbst halb schlafend noch kleine Abenteuer. Als ich eines Morgens früh – sehr früh – im Dunkeln und gedanklich noch im weichen Schlafsack über den Zeltplatz trotte, höre ich es von links trappeln, und noch bevor ich mich richtig umschauen kann, galoppiert ein großes Etwas an mir vorbei. Ich bin natürlich schlagartig hellwach, und mein Puls legt noch einen Zahn zu, als ich meine Taschenlampe schwenke und der Lichtkegel das Etwas streift. Es ist eine große Oryxantilope. Sie ist ein paar Meter entfernt stehen geblieben und mustert mich neugierig; die schwarz-weiße Zeichnung auf ihrem Gesicht sieht im morgendlichen Zwielicht ziemlich unheimlich aus. Ich mache mir ein bisschen in die Hose, richte meine Lampe wieder auf den Sandboden vor meinen Füßen und gehe langsam weiter zu den Waschräumen. Die Antilope nimmt zum Glück nicht die Verfolgung auf. Puh.

Eine Orxyantilope liegt in der namibischen Wüste entspannt im Sand

Im hellen Licht des Tages sehen wir uns dann wieder: Herr Antilope hat sich wenige Meter vor den Waschräumen majestätisch in den Sand gelegt. Da würde ich dann doch gern noch etwas näher rangehen, die spitzen langen Hörner wirken allerdings ziemlich Ehrfurcht gebietend. Wir unterhalten uns dann lieber mit gebührendem Sicherheitsabstand.

Botswana: Mit dem Mokoro durch Hippokanäle

Zwischen Namibia und dem Okavangodelta in Botswana liegen ein paar Kilometer und ein enormer Sprung in der Luftfeuchtigkeit. Unseren Zeltplatz beschattet ein üppiges grünes Blätterdach – was für ein Kontrast zur sandigen Wüste! Einer der Höhepunkte unserer Deltatour ist die Fahrt mit dem Einbaumboot durch die zahlreichen kleinen Kanäle, die Nilpferde bei ihren Spaziergängen zwischen den Wasserpflanzen gebahnt haben. Während unseres Ausflugs sind die Dickhäuter zum Glück woanders unterwegs.

Blick aufs blaue Wasser von einer der Anlegestellen im Okavangodelta in Botswana

Simbabwe: Willkommen im Regenwald

Am Ende unserer Reise besuchen wir die berühmten Victoria Falls. Der gleichnamige Ort ist sehr touristisch, aber die Wasserfälle sind wirklich eindrucksvoll. Fast noch schöner finde ich das kleine Paradies daneben. Dort, wo der feine Sprühregen die gegenüberliegende Landschaft benetzt, hat sich ein Regenwald gebildet. Schlingpflanzen, wild umrankte Bäume, große Farnwedel und zarte Sprösslinge … Ich hätte diese verzauberte grüne Welt am liebsten nie wieder verlassen.

Ein neuer grüner Trieb sprießt aus einem Stamm im Regenwal

»May this stupendous grandeur and wonder of nature forever inundate each and every human heart with a fruitful and fulfilling sea of oneness-peace.«

Teil der Aufschrift auf einer Tafel bei den Victoria Falls

Afrika ist magisch. Die intensiven Landschaften mit ihren starken Kontrasten, die friedliche Weite, die Wildtiere und das Lebensgefühl, das wir dort erspüren konnten … Keiner aus unserer Reisegruppe wollte am Ende wieder nach Hause fahren, und auch wenn eine Urlaubsreise natürlich etwas ganz anderes ist, als in einem fremden Land zu leben, so haben wir doch alle ein bisschen unser Herz an Afrika verloren.

Lust auf weitere Entdeckungsreisen? Im Blog können Sie mit mir auch nach Wales und nach Schottland reisen.

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